Wetterstein oder Prügelweg 2
Geplant war eine entspannte 3 Tagestour durch das Wettersteingebirge. Dreh- und Angelpunkt sollte das ehemalige Jagdhaus von Ludwig Ganghofer in der Leutasch sein. Bei 3 Tagen ist es dann auch geblieben.
Von Partenkirchen aus ging es über das Skistadion Richtung Partnachklamm. Um bei dem schönen Wetter, den Massen an Menschen aus dem Weg zu gehen, bin ich nach der Partnachbrücke zur Partnachalm abgebogen. Der Weg entspricht dem des berühmten Hornschlittenrennen im Winter. Auch ohne Schnee geht es ziemlich steil bergauf. Ging man früher von hier auf einem schmalen Forstweg ins Reintal, so ist das heute eher eine Forstautobahn. Da helfen auch die schönen Wiesen nichts. Der Weg gabelt dann auf die Zubringerstraße zur Reintalangerhütte. Aus der Straße wird ein Weg, der immer nahe an der Partnach entlang führt. Da die Versorgung der Hütte mit dem Heli ziemlich kostspielig ist, werden die notwendigen Küchenutensilien auch gerne mit dem Motorrad zur damals wegen seines Wirtes, dem nepalesischen Helfer und dem morgendlichen Weckruf berühmten Hütte hochgebracht. Und was ein Motorrad kann, kann ein „gscheiter“ Mountainbiker schon lange. Nur für beide, Wanderer und Radler ist es auf dem Weg meist zu schmal. Auch so fühlt man sich dort mit den Gebetsfahnen und der frei mäandernden Partnach irgendwie „weggebeamt“ aus Oberbayern. Wenn man dann ein kaltes Weißbier in der Hand und die Füße im noch kälteren Wasser hat, ist der irdische Himmel ziemlich nahe. Mit dem zweiten Weißbier hat man dann einen Entspannungsgrad höher geschraubt. Scheinbar mühelos begibt man sich zum ersten Übernachtungsplatz auf der Knorrhütte, die Zwischenstation viele Zugspitzbezwinger. Doch die 700 HM haben es in sich und das zweite Weißbier muss man ganz schön abbüßen. Hätte man sich eher für die Knorrhütte aufheben sollen. Wie erwartet ist hier oben ziemlich viel Betrieb und ein strammer Schweißgeruch durchströmt Hütte und Terrasse.
Hier ist dann nichts mit Einzelzimmer. In Erinnerung habe ich die kleinste Übernachtungsgröße mit 4 Betten. Die anderen Mitschläfer habe ich dann im Laufe des späteren Abends kennen gelernt, ihre Gerüche und ihr Schnarchen haben mir denn den frühen Aufbruch leicht gemacht. Ohne Frühstück ging es los zum Gatterl, wo der Opfer einen gewaltigen Lawinenabgangs gedacht werden soll. Nicht erst hier bin ich überrascht, wie vielen Gämsen ich dort oben begegne – es werden im Lauf der nächsten Stunden nicht weniger. Ganghofer wusste schon, warum er ausgerechnet hier sein Jagdrevier hatte und seinen vielen Gästen einen kapitalen Abschuss ermöglichen konnte. Frühstück und erste Pause gibt es dann im Steineren Hüttl. Um die Zeit ist man mit den Sennern noch alleine. Je weiter man dann zur Tillfussalm, dem Jagdhaus von Ganghofer mit seinen illustren Gästen kommt, desto wuseliger wird es. Eine Besichtigung war leider nicht möglich. Weiter geht es auf dem Adlerweg durch das Gaistal zum Kalvarienberg auf einer äußerst beliebten Wander- und Mountainbikeroute. Blöd ist dann nur, dass man ab hier wieder den Berg rauf muss, will man auf die andere Seite der Wettersteingruppe gelangen. Auf dem Leithen-Winkelweg geht es dann zur Wettersteinhütte. Hier könnte man eigentlich auch übernachten, aber es ist noch so früh am Tag, also kann man auch noch weiter gehen, bis zur Meilerhütte wird man schon kommen. Wäre ich vom Steinernen Hüttl zum Scharnitzjoch gegangen, wäre ich in etwa immer auf gleicher Höhe gewesen. So habe ich aber erst einmal den erneuten Aufstieg auf 2000 HM und zum Scharnitzjoch vor mir.
Zunächst habe ich auch versucht dort einigermaßen auf dieser Höhe zu bleiben und bin den Trittspuren, die ich irrtümlicherweise für Wege gehalten habe, gefolgt. Aber irgendwann war auch mir klar, dass ich nun doch wieder absteigen muss, um zur Söllerrinne zu kommen und von da aus über das Schotterfeld zur Meilerhütte. Der Abzweig zur Söllerrinne wäre die letzte Möglichkeit gewesen talwärts zur Bundesstrasse und einer Bushaltestelle zu gelangen. Aber auch das schien auf der Karte ebenso weit wie der Aufstieg zur Meilerhütte. Nicht bedacht habe ich, dass ich seit der Wettersteinhütte keine Möglichkeit mehr hatte die Wasserflaschen zu füllen und deren Inhalte gingen langsam dem Ende zu, zudem war es weiterhin ziemlich warm. Am Abzweig stand dann auf dem Hinweisschild „nur für Geübte“. Das war ich zwar, aber was sich dann genau dahinter verbirgt, weiß man erst, wenn man den Weg auch geht. Zunächst ging es durch den Hochtalboden zur zu besteigenden Wand. Der Weg wird immer schmäler und hat kleinere ungesicherte Kletterpassagen, die mir ziemlich den Zahn ziehen. Und bis zum Söllerpass auf 2200 HM ist es immer noch ein ganzes Stück. Zwischendurch spiele ich mit dem Gedanken hier auf einem Vorsprung einfach liegen zu bleiben und die Nacht zu verbringen. Dafür ist es aber nun definitiv zu früh, aber viel „Saft“ habe ich eigentlich nicht mehr und die Trinkflaschen sind auch so ziemlich leer. Endlich habe ich den Söllerpass erreicht und die Meilerhütte im Blick. Jetzt nur noch das Leutascher Platt mit seinen Geröllfeldern queren und dann bin ich auch am Ziel. Doch die Hütte kommt nicht näher und die letzten 150 HM machen ein Näherkommen nicht leichter. Mehr taumelnd als gehend kommen ich schließlich in der Meilerhütte an und freue mich auf fließend Wasser. Denkste. Hier gibt es nur Wasch- aber kein Trinkwasser. Also frisch gemacht und ab in die Wirtsstube. Geschlafen habe ich dann neben dem Plumpsklo mit Aussicht auf Partenkirchen. Viel Schlaf war es aber leider nicht, da die Beine auch in der Nacht noch weitergehen wollten. An diesen Tag bin ich laut Routenplaner 11 Stunden gegangen und habe 1900 HM rauf und 1800 HM ab bewältigt.
So toll war das Abendessen hier oben dann doch nicht, als dass ich mich auf das Frühstück gefreut hätte. Das habe ich dann am Schachen eingenommen. Auch gibt es hier Trinkwasser. Normalerweise ist der schönere Auf/Abstieg zum Schachenhaus über das Obere Reintal. Nach dem gestrigen Tag wollte ich nur noch zum Auto. Also habe ich den früher wegen seiner tiefen Hufspuren so gefürchteten Kälbersteig genommen und bin dann durch die Partnachklamm zum Parkplatz gelangt.
Gesamt war das dann eine (Tor-)Tour mit 57 km, 23 Wegstunden und jeweils 3500 HM auf und ab. Ohne den Abstieg zur Tillfussalm hätte ich mir aber auch nur 2 Stunden und 200 HM gespart. Doch das wären dann wohl die Stunden gewesen, die den Unterschied zwischen einer langen schwierigen Tour und einem Prügelweg machen.