druckkopf

Prügelwege
Isarursprung
Isarursprung
 
Einen Weg nach so vielen Jahren aufzuschreiben, nachdem man ihn gegangen ist, wird wohl nicht so leicht werden und einige Brüche aufweisen, als wenn man ihn frisch in die Tasten gesetzt hat. Der Grundgedanke dieser Wanderung war die Isar einmal komplett von ihren Beginn bis zu ihrer Einmündung in die Donau abgefahren oder begangen zu haben. Die Strecke von Scharnitz zum Kasten Hinterautal mit dem Isar Ursprung bin ich schon einmal mit dem Fahrrad gefahren. Ein ziemlicher Zieher auf breiter Schotterpiste und zum Zeitpunkt der Fahrt noch ohne Weidebetrieb. Jetzt bzw. damals wollte ich zur Isar Quelle und dabei das Karwendel umrunden.
Ausgangspunkt war wieder Scharnitz, das mir als Ort noch nie sympathisch war, irgendwie duster und „unfreundlich“, auch bei schönen Wetter. Statt durch das Iasrtal ging es diesmal durch das ebenso lange Tal des Karwendelbach zum Karwendelhaus. Auch hierhin führt eine breite Schotterstraße, die man auch von Scharnitz aus mit einem Bergtaxi zurücklegen kann, wenn man nicht zu geizig ist und gerne lange wandert. Begegnet bin ich damals jedenfalls keinen anderen Fußgänger, sondern nur Mountainbikern. Es war heiß und Schatten findet man auf dem Weg eigentlich keinen. Ab und an kann man sich in die Büsche schlagen und sich am Karwendelbach abkühlen. So gegen 16 Uhr bin ich dann endlich oben angekommen.

Blick nach Scharnitz © Hans-Jürgen Hereth 2025
Ausgangspunkt war wieder Scharnitz, das mir als Ort noch nie sympathisch war, irgendwie duster und „unfreundlich“, auch bei schönen Wetter. Statt durch das Iasrtal ging es diesmal durch das ebenso lange Tal des Karwendelbach zum Karwendelhaus. Auch hierhin führt eine breite Schotterstraße, die man auch von Scharnitz aus mit einem Bergtaxi zurücklegen kann, wenn man nicht zu geizig ist und gerne lange wandert. Begegnet bin ich damals jedenfalls keinen anderen Fußgänger, sondern nur Mountainbikern. Es war heiß und Schatten findet man auf dem Weg eigentlich keinen. Ab und an kann man sich in die Büsche schlagen und sich am Karwendelbach abkühlen. So gegen 16 Uhr bin ich dann endlich oben angekommen.
Bisher war ich immer Hütten – nomen est omen – mit zumeist überschaubarer Größe gewohnt. Aber hier stehen dann 2 oder waren es 3 Übernachtungshäuser mit großen Eßsaal im Haupthaus. Wenigstens hatte ich ein Einzelzimmer. Die Übernachtungsgäste waren im Gegensatz zu mir wohl eher Bergsteiger, die hochalpin bevorzugen. Auf meine Frage beim Hüttenwirt, wie denn der Giadidsteig zur Hochlandhütte sei (damit wäre ich bei dem Ausgangspunkt der Hoegner Flucht herausgekommen), antwortete dieser ziemlich prompt: „das soll ich lieber sein lassen. Er würde den auch nicht gehen“. Wäre das schon mal geklärt. Und der Abkürzer über die Bikarspitze zum Isar Ursprung sah auch nicht viel „attraktiver“ für mich aus. Also dann doch wie geplant über die Lamsenjochhütte. Um 22 Uhr war dann endlich Hüttenruhe und einigermaßen gut schlafen konnte ich auch. So früh wie möglich (6 Uhr?) habe ich mich dann ohne Frühstück auf den Weg gemacht, um eine möglichst weite Strecke bei nicht so brüllenden Temperaturen zu laufen.

ganz früh morgens ©Hans-Jürgen Hereth 2025
Ab dem Karwendelhaus war es dann ziemlich schnell aus mit dem breiten Schotterweg, ziemlich krüppelig wurde er. Mir war es recht, aber wie man das Haus von dieser Seite aus mit dem Rad anfährt, war mir nicht so klar. Mit einem beeindruckenden Morgenrot, das sich an den Felswänden spiegelte kam ich zum kleinen Ahornboden mit dem Denkmal von Barth, dem legendären alpinen Erschließers des Karwendels.Bis hierher führt auch von der Eng aus ein Forstweg. Erste Pause dann bei der Ladizalm an einem kleinen Bergbach. Immer noch kein Mensch mit mir unterwegs. Die Falkenhütte als Rastplatz fiel damals aus, da sie zu dieser Zeit renoviert wurde. Ab der Falkenhütte zu den Engalmen nahm dann der Gegenverkehr merklich zu. Bei der Bullenhitze und dann noch bergauf ohne Wasserversorgung möchte ich nicht gehen. Sehen andere Menschen anders. Auch solche mit kleinen Kindern. Mir unbegreiflich. An den Engalmen endlich Schatten und etwas Kühles zum Trinken und was Warmes zum Essen. Aber 700 HM aufwärts stehen mir noch bevor. Das ging erstaunlicherweise ziemlich problemlos. Nur bin ich jetzt um 15 Uhr an meinen geplanten Übernachtungsort. Wie ich die Zeit bis zur Nachtruhe überbrücken soll, ist mir zunächst unklar, vielleicht erhellt sich dies nach einem Kaltgetränk.

Der Blick in die Lamsenwand lässt mich an meinen Plänen für morgen zweifeln. Eigentlich sollte es über den Brudertunnel durch das Zwetchjoch in das Vompertal gehen. Beim letzten Mal haben die anwesenden Damen dieses Tour (bis zur Lamsenjochspitze) ihren Männern überlassen und sich das Ganze in Ruhe von unten angesehen. Dieses Mal wäre dann ich „fällig“ gewesen. Die Trinkflasche gefüllt, die Übernachtung abgesagt und mich auf den Weg zum Vomperberg gemacht. Dort kann man auch übernachten und eben „bequem“ über das Vompertal zur Isarquelle aufsteigen. Den Rückweg nach Schwaz habe ich komplett unterschätzt. Beim letzten Mal ist er mir weniger weit vor gekommen. Da hatte ich aber auch noch nicht so viele Höhenmeter und Gehstunden in den Beinen. Am gefühlten Ende des Weges hatte ich dann weibliche Begleitung, die sich erboten hat mich von ihren Parkplatz aus zum Abzweig zum Vomperberg zu fahren. Das waren dann gefühlte 5 Minuten in einem heißen Auto. Der Weg führte dann den Alpsteig über die Rodelhütte zur Karwendelrast, an der ich dann zur Ruhe kommen wollte. Immer noch brütend heiß, nirgendwo eine Möglichkeit etwas zu trinken oder zu essen. Ich bin jetzt ziemlich „am Arsch“. Eigentlich plane ich meine Routen so, dass ich immer noch 10% Reserve habe. Über das „rote Birnchen“ bin ich aber diesmal hinaus. Am Berg hatte ich keinen telefonischen Kontakt mit der Karwendelrast und nun stehe ich vor verschlossener Türe. Panik und bohrender Hunger breitet sich in mir aus. Ein abfahrendes Auto kann ich gerade noch so anhalten. Das war die Wirtin auf der Fahrt zu einem Termin nach Innsbruck. Den hat sie für mich verschoben, mir etwas zu Essen gemacht und ein kaltes Bier gereicht. Hier bin ich nun mutterseelenallein. Die Dusche geht mit Münzeinwurf und die Betten/Lager sind für Zwerge, aber was solls. Ich bin für alles dankbar nach dieser Gewalttour
Wieder früh auf, da es auch heute wieder so heiß werden soll. Und am Nachmittag waren Gewitter angesagt. Denen wollte ich unbedingt entgehen. Auf der Straße zur Karwendelrast fährt, gut sichtbar von meinem Frühstückplatz aus, ein Auto mit Münchner Kennzeichen hoch, das andauernd anhält und dessen Fahrer selfies schießt. Boh, ist das peinlich. Und dann haben sie scheinbar auch noch den gleichen Weg vor sich wie ich. Also nichts wie weg, bevor ich auf diese Sorte von „Bergkameraden“ treffe. Über einen der einsamsten und am wenigsten begangenen Wege im Karwendel, den durch das Vompertal, habe ich viel gelesen

Vompertal mit Blick auf Lamsenjochspitze ©Hans-Jürgen Hereth 2025
Die Wirtin hat mir noch lange Hosen wegen der vielen Zecken und Bremsen angeraten. Also nicht wie los. Was auf der Karte wie ein breites Tal aussieht erweist sich als ziemlich schmaler Kessel in dessen tiefen Grund der Vomper Bach donnert. Der Weg ist eher ein Steig und ziemlich schmal. Und dann überholen mich auch noch diese kurzgehosten Dauerfotografierer. Ich bin ja kein langsamer Geher, aber deren Tempo hat mich dann doch überrascht. Und an jeder Gumpe ab dem Zwerchenbach, der ziemlich steil abstürzt und über die Katzenleiter wieder ins Vompertal führt, war saß da nackt drin? Der Münchner und ließ sich von seiner Begleiterin abfotografieren. Posten und Facebook war damals noch in den Kinderschuhen. Kaum war ich vorbei, wurde ich auch schon wieder überholt. Da wo der Weg scheinbar nicht mehr existent war und ich über umgefallene Baumstämme im steilen Gelände herum stieg ohne ihn zunächst wieder zu finden, wäre ich über ein erneutes Treffen dankbar gewesen. Da nichts markiert war, bin ich halt dem gefolgt, was ich als Weg interpretiert habe. So habe denn auch den Abzweig zum Knappensteig, der auf der anderen Seite des Vomperbachs zurück zur Karwendelrast führt nicht gefunden. Gut, den wollte ich ja auch nicht gehen, aber ein Hinweisschild wäre schon schön gewesen. Es kamen noch einige Gumpen, und immer saß der Münchner drin.

Wasserfall mit Gumpe ©Hans-Jürgen Hereth 2025
Statt blöd zu schauen, hätte ich das auch machen sollen. Wenn man endlich aus dem engen Kessel draußen ist, wird der Weg beeindruckend schön. Von rechts prasseln die Bergbäche ins Tal und vor lauter schauen habe ich die Wegmarkierung übersehen und bin eine ganze Zeit wild durch ein Bachbett gestiegen. Zurück zum Ausgangspunkt war es dann doch ganz einfach. Man muss halt nach vorne schauen. Spätestens am Jochhüttl hatte ich dann wieder bekannte Begleitung. Man kennt sich ja schon. Ab hier geht es in Serpentinen steil nach oben. Der geschätzte 10 Jahre ältere Mann zündete den Turbo und war weg. Mit seiner Begleitung bin ich dann den weiteren Weg gegangen, mal sie vor mir mal ich. Und am Überschalljoch kam dann das, was vorhergesagt wurde. Ein Wetter zog auf. In den Bergen kann das ja doch ziemlich schnell gehen und heftig werden.

Gewitter im Anzug ©Hans-Jürgen Hereth 2025
Auch wenn die Hallerangeralm in Sichtweite lag, auf freien Feld möchte ich nicht noch einmal in ein Gewitter geraten. Das hatte ich schon hinter mir und war damals heilfroh zu meinem Auto gekommen zu sein. Während wir unsere Regencaps auspackten, hat er Münchner vor uns schon die rettende Alm erreicht. Vor dem ersten Blitz haben wir dann auch die Hütte erreicht. Zuerst gab es aber dann noch die vierbeinigen Rindviecher zu überwinden, die sich vor dem Wetter direkt an die Alm zurückgezogen hatten. Eine heiße Dusche, ein kühles Bier und etwas Warmes zu essen gab es dann auch. Wieder ein Einzelzimmer und im Verlauf des Abends habe ich dann auch den Grund für die Dauerknipserei erfahren. Früher sind sie immer zu viert auf den Berg. Aber der eine Mann hat sich wohl verabschiedet und seine Frau kann das nicht mehr gehen. Die Wege, die sie mir dann beschrieben haben hatten es alle „in sich“. Bin ich die scheinbar einfache Route gegangen, fanden sie einen Quereinstieg, der auf keiner Karte verzeichnet war.
Das Wetter hat sich verzogen, also Gelegenheit noch ein wenig die Gegend zu erkunden. War ich heilfroh, dass ich die Übernachtung auf der Alm und nicht auf der „Hütte“ gebucht hatte. Wieder Alpenverein und wieder Massenabfertigung. Und bei der Hallenangeralm konnte ich mir vorstellen auch einmal einen Sommer als Hilfskraft tätig zu sein. Ist wahrscheinlich schön gedacht, aber die Wirtin und ihre Helferin, konnten dieses Gefühl gut vermitteln. Ursprünglich wollte ich von hier aus den nächsten Tag über den Wilde Bande Steig und den Goetheweg zum Hafelekar und von dort nach Innsbruck und zurück, aber die beiden letzten Tage haben dann doch mehr Kraft gekostet wie gedacht. Und ohne Reserven und mit möglichen Konzentrationslücken sollte man sich nicht im Hochgebirge bewegen. Sonst eigentlich auch nicht. Also Planänderung. Hier oben ist auch die offizielle Isarquelle, weiter unter erst der Ursprung. Der Unterschied ist mir nicht so recht klar. Für mich ist die Quelle der Ursprung. Neben mir in der Almwirtschaft saß auch ein holländisches Pärchen, dann hierher mit Gepäck und ohne Motor mit dem Fahrrad gekommen ist. Mir unbegreiflich, vor allem nach dem ich den Weg zur Kastenhütte gegangen bin. Das geht dann doch ziemlich „gach“ rauf resp. runter. Keine Ahnung wie man als „Flachländer“ auf diese Idee kommt. Ich würde das Stück auch nicht fahren, wenn ich denn nicht notgedrungen muss. Am nächsten Tag wieder an der Kasten-Hinterautal Hütte. Was mit dem Fahrrad ein „flotter Spaziergang“ ist, ist zu Fuß dann doch ein ziemlicher „Hatsch“. Abgeleitet ist dieses bayerische Wort vielleicht von der islamischen Wallfahrt dem „Haddsch“, wohl weil man von weit her kommt, um sein Gelübde zu erfüllen. Jedenfalls war ich wie auf dem Hinweg wieder der einzige Fußgänger. Und der Weg wollte erneut schier kein Ende nehmen. Aber was nimmt man nicht alles für die Isar in Kauf.