Via Claudia Augusta
Ihre Geschichte:
Vor der römischen Okkupation der Nordprovinzen gab es zwar Pfade und Wege über die Alpen, es fehlte aber eine ganzjährig befahrbare Straße, auf der Truppen und Material befördert werden konnten. Nach sorgfältigen Geländestudium und Vermessung wurde ab 15 v. Chr. die Via Claudia Augusta mit einer möglichst gleichmäßigen Steigung, wenigen Kurven und den notwenigen Kunstbauten (Brücken, Tunnel, Galerien) angelegt. Sie führte von der Adria bzw. der Pomündung über das Etschtal zum Reschenpass, das Inntal entlang über den Fernpass nach Augsburg und von dort an die Donau.
Die Straße bestand aus einer festen Fahrbahn mit Schotter und Kies und mit in den Stein geschlagenen Spurrillen, um ein Abrutschen der Wagen zu verhindern. Dazwischen befanden sich manchmal auch noch Trittstufen für die Zugtiere. An den Straßenrändern befanden sich Rillen, die das Ablaufen von Regenwasser ermöglichten. Der Straßenkörper wurde großflächig gerodet. Mit Meilensteinen wurde die Entfernung zur nächsten Stadt angegeben und gleichzeitig dem Erbauer dieses Wunderwerks (dem römischen Kaiser Augustus) gehuldigt. Andere Randsteine sollten den Reitern das Aufsteigen erleichtern. In regelmäßigen Abständen wurden Versorgungsstationen und Übernachtungsmöglichkeiten eingerichtet, die jedoch nur den römischen Dienststellen und Militär zugänglich waren. Normalreisende mussten schauen, wie und wo sie unterkamen.
Der heutige Wegverlauf orientiert sich an dem Weitwanderweg „Via Claudia Augusta“, der als solcher für Biker und Wanderer durchgängig ausgeschildert ist. An einigen Stellen entspricht er der alten römischen Straße.
Gedenkstein an der Via Claudia Augusta bei Bruggen, Foto HJHereth, www.fluchtwege.eu
Der Weg
Als mehrtägige Biketour von Garmisch-Partenkirchen nach Bozen wird sie von verschiedene Anbieter offeriert. Problemlos kann man sie auch alleine unternehmen. Verschiedenklassige Unterkunftsmöglichkeiten sind meiner Erfahrung nach kein Problem. Ich bin folgende Variante in 2 (alternativ 3) Tagen unter der Woche gefahren (am Wochenende ist mächtig viel los)
Von Mittenwald über den kleine Pass oberhalb der Leutaschschlucht nach Leutasch und von dort nach Telfs (Vorsicht: rasante Abfahrt). In Telfs Richtung Stadtzentrum (30 km) und an der Tourismusinformation links die Bahnhofstraße zum Innweg. Diesen innaufwärts immer der guten Beschilderung (auch auf die Straße aufgemalt) folgen. Anfänglich verläuft er neben der Autobahn, wird aber später zunehmend reizvoller. Einkehrmöglichkeiten oder Rastplätze am wilden Inn gibt es zuhauf. Nach Imst (35 km) weiter Richtung Landeck.
Nach Schönwies (nomen est omen) kann man in Starkenbach im Kloster und Wallfahrtsort Kronburg mit grandiosen Blick über das Inntal einkehren. Wieder auf dem Innweg gelangt man wenig später auf die ersten Zeugnisse der Via Claudia Augusta. An einem autobahnnahen und dementsprechend lauten Rastplatz gewinnt man an einem gut erhalten Stück der alten Straße Einblicke in deren Trassenführung. Jetzt ist es nach Landeck nicht mehr weit (nochmals 25 km von Imst, Inntalweg oder Via Claudia Augusta Richtung Reschenpass). Erstes Tagesziel oder man fährt weiter zum Schloß Landeck (Ortsende, gut sichtbar am Hügel).
Von hier geht der Forstweg zur Flisser Platte. Wenn man kein Mountainbike oder die nötige Kraft hat, heisst es erst mal stellenweise schieben (300 Hm - E-Bike Fahrer tun sich da natürlich viel leichter). Kurz nach dem Verlassen der Forststraße (Hinweisschild Via Claudia Augusta oder Fliess) verengt sich der Weg zu einen schmalen Wanderpfad. Hier erlebt man hautnah die alte Straße. In Fliess und nach einer rumpeligen Abfahrt kann man sich direkt neben dem Archäologischen Museum (Ortsmitte, neben der Kirche) erholen (ca. 1 Std. Fahrt).
Durch Fliess hindurch und am Ortsende an der ersten scharfen Kehre links (Hinweisschild). Erneut fährt man zunächst auf einem schmalen Wiesenweg, bis sich das Weg plötzlich weitet und man nach den Steppenhängen die verschieden Trassierungen der Straße über die Zeiten hinweg gut verfolgen kann. Unten schlängelt sich das Inntal mit der alten und neuen Reschenstraße. Nach einer kurzen Abfahrt muss man die neue Reschenstrasse überqueren (Vorsicht viel Verkehr) um auf den Radweg Via Claudia Augusta zu gelangen. Dieser ist im späteren Verlauf mit der alten Reschenstraße und diese wiederum ist mit der Via Claudia Augusta zu großen Teilen deckungsgleich. Nach zweimaliger Innquerung kann man sich in Prutz im dortigen Schwimmbad oder dem Badesee erholen. Wenn man jetzt immer noch Kraft hat und lang genug gepaust hat, sucht man sich nach 7 Stunden und 120 km Fahrt eine Übernachtungsmöglichkeit in Pfunds, denn am nächsten Tag heisst es ordentlich treten oder schieben.
Von Prunds aus geht es zunächst gemächlich auf der alten Brennerstraße bis zum alten Zollamt und Grenzfeste Altfinstermünz, die man auch besichtigen kann. Von hier geht es stramm auf mehreren Kehren nach Nauders hoch. Das Schloss mit integrierter Wirtschaft am Ortsende sollte man sich nicht entgehen lassen. Von hieraus braucht man nochmals 100 Hm zum Reschenpass (25 km). Ab jetzt folgt man der guten Ausschilderung Radweg Meran. Flott bergab geht es bis Reschen, dort führt rechts der neuangelegt Radweg hügelig bis zum Stauseeende, auf dessen Mauer man zum Haidersee abfährt. Auch hier geht es mit zum Teil ordentlichen Gefälle nach Burgeis, dem Kloster Marienberg und der dortigen Fürstenburg. Schleis wird tangiert und über Mals gelangt man nach zur mittelalterlichen Tauferer Tor- und Turmstadt Glurns (25 km). Am schönen mittelalterlichen Marktplatz sollte man unbedingt eine Pause einlegen und Wasser nachfüllen, denn die Brunnen und das Frischwasser, von denen es auf österreichischer Seite so viele gab, finden sich in Italien nicht mehr. Das braucht man dort für die Apfelbäume und Wiesen.
Entlang der Obstplantagen gelangt man von Latsch bis Naturns (15 km bis Meran), von dort über Patschins, steil hinab nach Algung und weiter nach Meran (Centro). In Meran ist die Ausschilderung des Radwegs Richtung Bozen eine Katastrophe und führt hügelig auf die B38. Erst in Vilpian habe ich wieder Hinweisschilder auf den an der Etsch entlangführenden Radweg nach Bozen wiedergefunden. Leider ist auch dieses 28 km lange Teilstück wenig erbaulich. Die Gleichförmigkeit der Plantagen und des Weges ziehen einem besonders bei höheren Temperaturen die letzten Körner. Wer sich das jetzt ersparen will, kann in Meran in den Zug steigen und zum Reschen zurückfahren oder via Bozen und Innsbruck nach Hause gelangen.
Wer das alles zu Fuß gehen möchte, dem sei Elisabeth Walde: Via Claudia Augusta und Römerstraßenforschung, S. 40ff beschrieben (mit Karten) an Herz gelegt.
Infos
Nauders-Meran 94 km, Meran - Bozen 28 km
Fliess: Archäologisches Museum: Di-So., 10-12 Uhr und 15-17.00 Uhr. Jeden Donnerstag gibt es von Schloß Landeck geführte Wanderungen (9.30 Uhr) zur Fliesser Platte, www.museum.fliess.at
Für Faule, Müde oder Abkürzler gibt es den Bike Shuttle von Landeck nach Nauders, täglich Mai bis Oktober, 5x täglich, aber nicht immer mit dem Radanhänger (www.viaclaudia.org, 0043-5442-64422)
Neu eingerichtet wurde in Nauders der Königschützenweg, der die alpine Grenzsicherung im 1. Weltkrieg mit seinen Felsenstellungen und Kavernen sicht- und begehbar machen soll (ca. 600 Hm, 3-4 Stunden Wegzeit, www.nauders.com/kaiserschützenweg). Auf 30 Schautafel von der Festung Nauders oder alternativ von der Zettleralm zu den Sellesköpfen gewährt er Einblicke in die Geschichte der Kaiserschützen und damit auch in die des Landes Tirol. Die Festungsanlage in Nauders, erbaut von 1834-1840 ist die einzige noch vollständig erhaltene Befestigungsanlage aus der Zeit der österreich-ungarischen Monarchie. Zusammen mit der mittelalterlichen Grenzbefestigung von Finstermünz und Altfinstermünz mit seinem auffälligen "Hohen Turm" bilden sie ein einmaliges Zeugnis historischer mitteleuropäischer Grenzsicherungen.
empfohlene Literatur:
Entlang der Via Claudia Augusta. Zu Faß, mit dem Rad oder mit dem Auto durch die Bezirke Reutte, Imst und Landeck. www.claudiaugusta.com
Via Claudia Augusta. Von der Donau über die Alpen an die Adria. (bike line), Roderingsdorf 2006