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Kleine Fluchten
5-Flüsse-Radweg
Bei 38° auf dem 5-Flüsse Radweg
Seit über 20 Jahren will ich nun schon den Ludwig-Kanal nach Nürnberg fahren. Immer habe ich es aus irgendwelchen Gründen verschoben oder verschieben müssen. Jetzt wo das Kind in Bayreuth, also quasi „in der Nähe“ studiert, wollte ich den langgehegten Plan endlich in die Tat umsetzen; dem Wetter zum Trotz. Weil es denn so heiß bleiben soll, entscheide ich mich, schon um 6 Uhr in der Früh loszufahren, um in der Kühle des Vormittags möglichst weit zu kommen. Mittags Pause und dann schaun wir mal was und wie weit ich dann noch komme.
Von Schwabing geht es über Ismaning und die Fischerhäuser nach Halbergmoos zur S-Bahn-Station. Bisher waren das Radwege und wenig befahrene Nebenstrassen, auf denen ich lediglich nach zur Arbeit in München fahrenden Rennradfahren begegnet bin. Jetzt stehe ich an der Ampel, will nach Freising abbiegen, mache das auch und werde von einem Radfahrverbotsschild ausgebremst. Ein freundlicher Autofahrer weist mich auf den Kreisel zwischen den Strassen hin, der mich zum Radweg parallel zur verbotenen Autostrasse geleitet. Das geht eine ganze Zeit gut, doch der Verkehr neben mir brandet in beide Richtungen merklich auf. Kurz vor dem Abbieger zum Flughafen ist der Radweg dann auch zu Ende. Also rauf auf die Bundesstraße, was bei dem Verkehr gar nicht einmal so leicht ist. So – jetzt bin ich das Verkehrshindernis, das keiner überholen kann. Da kommt Freude hinter mir auf. Wenn ich überholbar bin, dann wird es jedesmal ziemlich eng.
Aber nach ein paar Kilometern und dem Erreichen von Freising ist auch das Vergangenheitheit. Bis Marzing ist es nicht mehr weit und dann gibt es lange nur noch Radwege bzw. kaum befahrere Nebenstraßen. Bis Abensberg habe ich das schon mal durchexerziert (damals war es aber nicht ganz so heiss). In Marzing die erste Baustelle und schon finde ich den geplanten, in der Karte „Hopfenland Hollertau“ eingetragenen Weg parallel zur Isar nicht. Stattdessen komme ich an der alten, parallel zur neuen B11 verlaufenden Straße nach Lauterbach raus. Auch nicht schlecht, aber ein bisschen lauter als an der Isar. Da das hier kein offizieller Radweg ist, gibt es auch keine Hinweisschilder, auch in Lauterbach einstweilen nicht. Richtung Haag ist so falsch nicht und die Radwegausschilderung taucht auch wieder auf. Wenn jetzt auf den Schildern die Grobrichtung Nandlstadt angegeben wäre, müsste ich nicht bei jeder Straßenkreuzung auf die Karte schauen. Auf den Schildern stehen lediglich die nächsten Käffer. Ging es bis Langenbach immer schön leicht bergab/flussabwärts, geht es jetzt hügelig bis kurz vor Mainburg rauf und runter.

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
Wenig Verkehr auf dem „AB“ Radweg, aber nicht der, den ich schon einmal gefahren bin. Dem „AB“ folge ich bis Mainburg, verzichte auf die Besichtigung der schönen Altsstadt mit dem Kloster – auch wenn ich mir bei dem „Rechtsturn“ dorthin einigen Stress mit einer nicht auf den Radverkehr achtenden Autofahrerin erspart hätte.
Durch Mainburg durch, die Sonne im Rücken und immer der B 301 Richtung Abensberg entlang. Schade nur, dass dort gerade geteert wird und der Verkehr umgeleitet wird. Das bringt mich wieder etwas aus dem Konzept. Absteigen, Karte lesen und auf den Seitenstrassen wieder auf den „AB“, auch wenn der hier wie später viele andere Wege auch nicht mit ihren in den Karten verzeichneten Namen, sondern mit dem grünen Radwegzeichen gekennzeichnet sind. Das ganze funktioniert gut bis Siegenburg. Da verliessen sie ihn dann mit der Beschilderung bzw. die, die da sind führen in eine ganz andere Richtung. Aber wer nicht frägt, bekommt auch keine Antwort. Bei Bitburg komme ich an einer schönen Wallfahrtskirche vorbei und jetzt geht es zum ersten mal auf Schotterwegen nach Abensberg. Same procedure – da steh ich nun ich armer Tor und komm mir so verloren vor. Doch bevor ich wieder den Rücksack entschultere, sehe ich hinter mir das Radwegzeichen, das in die Altstadt führt. Da verliessen sie ihn/mich dann aber wieder. Aber so groß ist der Ort ja nicht und irgendwo links oben muss die Hunderwasserbrauerei mit den Besichtigungsbussen sein. Dem ist auch so, ebenso wie ein schattiges Ruheplätzchen neben einem Brunnen. Und das Radwegzeichen ist auch wieder da. Jetzt wo ich so nach 100 km sitze, fällt es mir erst so richtig auf: bisher keine Radler – in keiner Richtung. Ich schlage den Radweg nach Eining zur Donaufähre ein. Das Römerkastell, das man über Bad Gögging erreicht, habe ich mir schon beim letzten Mal angesehen und nun, da es doch schon sehr auf Mittag zugeht, möchte ich gerne noch die Fahre erreichen. Die 10 km von dort nach Essing werden dann laut Karte wieder ziemlich hügelig.

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
In Eining im Biergarten an der Fähre sitzen sie schon, die „vermissten“ Radfahrer – die meisten mit E-Bikes und einem Schweinebraten/Fisch, aber in jedem Fall mit einem Bier vor sich. Wie man sich bei der Bullenhitze mittags ein Bier reinpfeifen und dann noch mit dem Rad weiterfahren kann, ist mir unbegreiflich. Vor der Anlegestelle stehe ich erstmal blöd rum, weil ich nicht weiss, wie ich „an die Fähre“ kommen soll. Die Nachfrage im Ausschank wird nicht gerade freundlich beantwortet – ich konsumiere hier ja nichts, sondern warte nur. Jetzt weiss ich, Glocke läuten, dann kommt er Fährmann von der anderen Seite so in ca. 10 Minuten. Da mach ich und schon schallt es aus dem Biergarten zurück: „Lokalrunde“. Der nächst zu mir sitzende und pausierende Radler meinte nur „sitz di hi und trink a Bier, des dauert“. Die 10 Minuten warte ich, es passiert immer noch nichts, außer, dass sich 2 Radler auf die Fähre verbracht haben. Doch erst als es 4 geworden sind, legt sie ab. An meinem Ufer höre ich dann den schon üblichen Satz: „10 Minuten Pause“. Mache ich halt dann auch. Endlich bin ich jetzt als einziger Fährgast auch am anderen Donauufer. Auf einer wenig befahren Straße geht es vorbei am weit sichtbaren Limesturm stetig den Hügel hinauf. Nach der Abzweigung nach Kehlheim geht es dann aber flott bergab nach Essing Markt und zu meinem Einstieg in den „5-Flüsse Radweg“. Wie vorgenommen soll ab jetzt die Kür des heutigen Tages beginnen. Es wird aber eher das zähe Pflichtprogramm.

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
In Essing hat man die Bürgersteige hochgeklappt. Vereinzelte Radler, sonst nix, dafür 3 Wegalternativen. Schotterweg neben der Altmühl (Main-Donau-Kanal), die neugebaute St 2230 und die daneben laufende alte Staatsstraße, für die ich mich dann entscheide

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
Vorbei geht es am „Tatzelwurm“, der längsten Holzhängebrücke Europas, der über mir gelegenen Burgruine Randeck, Burg Prunn und von weiten schon sichtbar Schloss Rosenburg in Riedenburg. Hier am Ortsanfang dann endlich ein Industriegebiet mit allen Geschäften, die ein ausgetrockneter Radler sich wünscht. Kaum komme ich mit den gekühlten Getränken und einer Brotzeit zurück in die Hitze, sehe ich am anderen Flußufer hinter dem bewaldeten Hügel eine Verpuffung mit großer, immer dunkler werdender Rauchwolke. Kurz darauf Sirenenalarm und die Feuerwehren fahren los. Ich auch, nur weiter Altmühl aufwärts zum Badesee St. Agatha. Schatten, schwimmen, Bortzeit. Die Altmühl, eine braune Brühe, selbst läd eher nicht zum abkühlen oder gar schwimmmen ein. Ach ja, von dem markanten „5-Flüsse Radwegzeichen“ habe ich bisher nichts gesehen.

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
Immer noch keine mitfahrenden Radfahrern, erstaunlich, oder sind die bei der Hitze nur schlauer als ich. Sie finden sich dann später in Dietfurt in der Altstadt in Cafes und Restaurants. Hübsche Altstadt, aber so lange der Körper noch mitmacht, will ich noch ein bisschen weiter kommen, außerdem ist es ja noch früh am Tage. Gegen 15.30 Uhr komme ich dann in Beilngries an, finde einen Supermarkt, verpflege mich erneut und suche dann die Touristeninfo. Für heute langt es und ich fürchte, wenn ich noch länger fahre, wird es eng mit einer spontanen Unterkunft. Wie sich zeigen soll, war das jetzt nicht die falsche Entscheidung. Für 60 Eur bekomme ich das letzte Einzelzimmer im Ort, zudem in der letzten verbliebenden Brauerei mit Gaststätte, Biergarten und Hotel. Blöd nur, dass es ein Dachgeschosszimmer ist und man das eh schon kleine Fenster nur kippen kann. Egal. Die Dusche ist kalt und ich kann wenigstens die verschwitzen Sachen kurz auswaschen. Dann ein kleiner Rundgang durch die Stadt und ab zum Essen. Da sitzen sie dann schon oder kommen gerade die radelnden Mit-(E-)Biker. Alles Herren und Damen weit über der Rentengrenze. Wenigstens frägt mich keiner wo ich herkomme, wie weit und wie schnell ich gefahren bin. Zum Essen gönne ich mir 2 lokale Biere. Das Weltenburger flußabwärts schmeckt mit besser. Doch bin ich mit den Bieren und der Stramplerei ordentllich bettreif. Zum Schlafen kommen ich aber dennoch lange nicht, so heiss ist es in dem nicht lüftbaren Zimmer. Es ist schon sehr lange her, dass ich freiwillig mit einem nassen Handtuch geschlafen habe. Doch irgendwann muss mich wohl auch Bruder Schlaf erwischt haben.
Mit 6 Uhr losfahren wird das heute nichts, da es erst um 7 Uhr Frühstück gibt und ohne wollte ich nicht losfahren. Wie ich merke, führen auch hier wieder viele (schotterige) Wege nach Rom. Ich habe den erwischt, der die Benediktinerabtei Plankstetten mit einschliesst. An der Schleuse vor Berching entschliesse ich mich auf das andere Ufer zu wechseln um endlich am alten Ludwig-Donau-Main-Kanal (LKM) entlangfahren zu können. Teilen davon bin ich ja schon begegnet. Dem Kanal könnte ich, wenn ich wollte, noch 60 km bis Nürnberg folgen. Aber ehrlich gesagt, scheine ich für diesen Weg doch ein paar Jahre zu spät dran zu sein. Die Beschilderung ist kryptisch, immer wieder unterbrochen von neugebauten Strassenkreiseln, die den Radweg unterbrechen und wenn beschildert, nur den nächsten Ort anzeigen.

Foto HJ Hereth, www.fluchtwege.eu
Der Kanal ist ja ganz nett, UNESCO Kulturerbe hin oder her, aber ein braune zäh fließende Brühe, an der ein immerhin schattiger Schotterwegen entlang führt. Jogger, Radfahrer (gestylte E-Biker der höheren Altersgruppe) und Wanderer kommen jetzt vermehrt. Schon jetzt bin ich eher enttäuscht und von der ewigen Wegsucherei mehr genervt als motiviert. Bis Nürnberg brauch ich das ganz bestimmt nicht. Da hat der gestrige Weg mehr Spass genacht.
Nach Neumarkt verlasse ich den Kanalweg und folge einem geteerten Radweg nach Berg, wo ich dann auf die Bundesstrasse weitergeführt werde. Jetzt wird es mal wieder ein bisschen unangenehm, weil ich mich auf dem Autobahnanrainer befinde. Irgendwie finde ich den Radweg wieder und kommen Nomen est Omen in Gnadenberg raus. Von hier aus will ich nach Hersbruck. Soll ab jetzt hügelig werden. Dass ich den Frankisch Jura quere, darüber hab ich mir keine großen Gedanken gemacht. Eigentlich soll ich den „PL“ beschilderten Weg folgen, aber an jeder Wegkreuzung steige ich ab und schaue auf die Karte – nach Altdorf geht es immer, vom „PL“ keine Spur. Ab und an ist auch Hersbruck ausgeschildert, ab und an, dann wieder nicht. In Unterrieden stehe ich weit unter der Autobahnbrücke. Zu meiner Überraschung finde ich das Radwegschild mit dem Zusatz Hersbruck, das mit bergan führt. Dass ich bei 14% Steigung in der Mittagshitze den Berg hoch muss, damit hab ich nicht gerechnet. Hinweisschilder hat man leider auch vergessen anzumontieren. Oben angekomen gibt es die schönen neuen Hinweisschilder „7“, „8“, „8a“, „8 Höhenweg“, die aber leider alle nichts mit meiner Karte zu tun haben. Und weit und breit ein Mensch, den man fragen könnte. Oben an der Autobahn treffe ich dann die falsche Wegentscheidung. Ich folge der einzigen Beschilderung und lange auf Schotterstraßen wieder im Wald. Endlich eine Strasse, auf der sich Autos bewegen. Und sogar ein Mann, den man nach den Weg fragen könnte. Das Einzige was ich aus dem zahnlosen Mund verstehe ist, dass er nix deutsch. Scheisse. Aber auf dem Straßenschild steht Kucha – wäre meine ursprünglich geplante Richtung. Die 14% geht es jetzt wieder bergab und ich lande in Weißenbrunn. Von Kucha keine Spur mehr. Auch kein Hinweis auf Hersbruck, dafür gibt es ein Hinweisschild nach Lauf. Wenigsten die richtige Richtung. Ich weiss jetzt was der Frankische Jura ist: 12% hoch und das wieder runter und so weiter. Ich bin der einzige Radler und halte die getunten Landwägen nur bedingt auf. Bergab geht es jedenfalls ziemlich flott dahin. Ich bin froh, dass ich vorher noch die Bremsen getauscht habe. Keine Ahnung wie die Ortschaften alle heissen, doch endlich gibt es auch wieder einen Abzweig nach Hersbruck und wenig später einen nach Offenhausen, von dem der gewünschte Radweg „PL“ herkommt. Jetzt befinde ich mich wieder auf einem geteerten Radweg an dem ich mein erstes „5-Flüsse-Radweg-Schild“ finde. Nach Hersbruck bei Happurg gibt es einen Badesee, an dem ich Pause machen will. Ich bin jetzt ziemlich platt. Der Weg von Berg nach Hersbruck hat mir ganz schön die Zähne gezogen, dazu kam die Hitze und der Stress durch die unmögliche Beschilderung. Ab in den Schatten, auspusten, was trinken, die Badehose an und den Mücken was zu fressen geben (das habe ich aber erst später und sehr nachhaltig gemerkt).
Pause und ausschwimmen haben gut getan und noch besser waren die Kaltgetränke in Hohenstadt. Nach Sulzbach sind es 24 km und dann weitere 10 nach Amberg – und dann schaun mir mal wieder. Die B 14 hab ich mir als Streckenabkürzung auf der Karte ausgeschaut. In natrua habe ich dann doch Abstand genommen. Viel zu viel Verkehr. Das fährt noch nicht einmal die Rennradfraktion. Mal ist Sulzbach angegeben, mal nur der nächste Ort, mal spart man sich an Kreuzungen die Ausschilderung. Bei einem geführten und beworbenen Radweg erwarte ich etwas anderes. Mitradler begegnen mir auch nur sehr wenige. Der Weg führt nun nach Weigendorf, Etzelwang und Neukirchen, auf Schotter und Teer, immer leicht bergauf-bergab. Die kaum befahrere Bundesstrasse wäre einfacher und eindeutiger zu fahren gewesen. Und die Kilometerangaben sind komplett entmotivierend. Glaubt man sich 14km vor Sulzbach hat man 2 km weiter weiter ein Schild, das 19 km anzeigt und von dieser Zahl auch im weiteren Verlauf runterzählt. Gefühlt kommt man nie an. Aber oh Wunder taucht nun doch das Ortsschild Sulzbach auf. Allein die Abzweigung des Radweges fehlt mal wieder. Den Mann, den ich aus dem Swimmingpool „herauszerre“ wundert sich nicht und weist mir den Weg. Immer gerade aus den kleinen Hügel noch rauf und dann den Burghügel und dann sich am Brunnen nass machen.
Meine Entscheidung ist jetzt eigentlich gefallen. Es sind Ferien, es ist heiss, und hab keine Lust mehr in einer stickigen Dachkammer zu nächtigen und alle naslang die Karte zu Rate zu ziehen. Also geht es nur noch bis Amberg und nicht, wenn ich fit gewesen wäre, entweder den „5-Flüsse-Weg“, der hier sogar beschildert war, über die Vils und die Naab nach Regensburg oder alternativ über Schwandorf und Nittenau den Regen flussabwärts ebenfalls nach Regensburg. In beiden Wegalternativen hätte ich Bademöglichkeiten mit eingeplant. Nur noch 10 km, die sich trotz Abfahren als ziemlich zäh erweisen. Ich hab leider nichts mehr zuzusetzen. Den Bahnhof in Amberg habe ich gleich gefunden, beim Kartenlösen ist mir dann auch der Zug vor der Nase davongefahren, aber was solls, dann halt den nächsten nehmen. Die Radmitnahme hat sich aber als geringes Problem erwiesen, erst später kamen dann mehr Radler hinzu. Dass der Zug jedoch kein Fenster zum Öffnen und keine Klimaanlage hatte, war schon sehr grenzwertig. Außen war es schon heiss, aber innen... alt, schwanger und kreislaufschwach möchte ich da nicht sein und von einem Schaffner war in dem kurzen Zug auch nichts zu sehen.